Für die Naturtextilbranche sind Sorgfaltspflichten bereits seit langem unumgänglich. Mit dem neuen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz der Bunderegierung stellt sich deshalb nun für viele die Frage nach Relevanz und Bedeutung für kleine und mittelständische Naturtextiler. Wir als Branchenverband wollen hier aufklären und verdeutlichen, welche Rolle das Gesetz für unsere Mitglieder hat und klären deshalb auf. Malte Drewes vom Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte, einem kostenlosen Unterstützungsangebot der Bundesregierung, welches Unternehmen zur Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfaltsprozesse berät, gab in seiner Präsentation einen Überblick über konkrete Anforderungen des Gesetzes und stellte mögliche Unterstützungsangebote vor.
Mit knapp 40 Teilnehmenden war der Workshop gut besucht, die lebendige Diskussion während und nach der Veranstaltung unterstrichen die hohe Relevanz des neuen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes. Bei der Diskussion wurde vor allem die Sorge vieler Unternehmen deutlich, wie kleine und mittelständische Unternehmen all diesen Anforderungen gerecht werden sollen. Ein Erfahrungsbericht aus der Praxis konnte hier ein wenig Aufklärung leisten. Interessiert wurde auch die Frage diskutiert, inwiefern Textilstandards die Anforderungen an Unternehmen und die Risikoanalyse bereits abdecken. Die IVN Geschäftsstelle arbeitet hierzu derzeit an einem Vergleich.
Wachsende Erwartungen – Von der Freiwilligkeit zur Verbindlichkeit
Die Erwartung an Unternehmen, ihre Sorgfaltspflicht gegenüber Menschen und Umwelt zu übernehmen wird immer größer. Diese Sorgfaltspflicht besteht im Wesentlichen aus fünf Kernelementen, an welche auch das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) anknüpft:
Quelle: NAP Helpdesk
Relevanz für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU)
KMU sind nicht unmittelbar vom Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz betroffen und haben daher auch keine Berichtspflicht gegenüber der Öffentlichkeit und Behörden. Für sie gibt es ebenso kein Risiko Bußgelder zahlen zu müssen oder von Vergabeverfahren ausgeschlossen zu werden.
Nicht zu unterschätzen ist jedoch die mittelbare Betroffenheit kleiner und mittelständischer Unternehmen, beispielsweise durch ihre Position in der Lieferkette, besonders durch ihre Rolle als Unterauftragnehmer. Hier können KMU insbesondere bei der Risikoanalyse nachgelagerter Betriebe durch Informationsabfrage betroffen sein. Mittelbar betroffen vom Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz sind KMU auch dann, wenn es um die Mitwirkung bei Präventions- und/ oder Abhilfemaßnahmen beispielsweise durch Anforderungen in Vertragsklauseln oder bei der Erstellung von angemessenen Kontrollmechanismen geht.
Eckpunkte des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG)
Neben dem eigenen Geschäftsbereich, schließt das LkSG weitere Bereiche der Lieferkette ein. Es umfasst mittelbare Zulieferer, welche keine direkten Vertragsbeziehungen zum Unternehmen haben und in der tieferen Lieferkette sitzen, aber auch unmittelbare, mit dem Unternehmen in direkter vertraglicher Beziehung stehende Betriebe.
Jedes unter das Gesetz fallende Unternehmen, muss eine in diesem verankerte und Menschen- sowie Umweltrechte umfassende Grundsatzerklärung haben. Des Weiteren muss diese Erklärung eine Beschreibung enthalten, wie ein Betrieb seinen Pflichten nachkommt und muss eine Darstellung der, auf Grundlage der Risikoanalyse festgestellten, prioritären Risiken abdecken.
Das Gesetz verlangt ein wirksames und angemessenes Risikomanagement, welches in allen maßgeblichen Prozessen und Abläufen verankert sein muss. Maßnahmen, das Risikomanagement betreffend, müssen hier Risiken und Verletzungen vorbeugen, beenden und minimieren. Die Angemessenheit bemisst sich hierbei nach Art und Umfang der Geschäftstätigkeit von Unternehmen aber auch dem Einflussvermögen auf mögliche Verursacher von Verletzungen und die typische zu erwartende Schwere dieser.
Die im Gesetz verlangte Risikoanalyse meint ein Verfahren zur Identifizierung, Bewertung und Priorisierung aller im Betrieb möglichen Risiken. Hierzu sollte sich ein Unternehmen Eingangs einen Überblick über die eigene Beschaffung, die Struktur und betroffene Akteure verschaffen. Dies kann beispielsweise durch ein Risikomapping nach Geschäftsfeldern, Standorten, Produkten oder Ländern erfolgen und sollte auf Risiken für Mensch und Umwelt fokussiert sein.
Zur Ermittlung von Risiken in der Lieferkette gibt der NAP Helpdesk mit seinem CSR-Risiko-Check Hilfestellung.
In der Risikoanalyse sollten die Risiken nach der Ermittlung bewertet und priorisiert werden, um im nächsten Schritt Präventionsmaßnahmen einrichten und so Gefahren minimieren zu können. Die Überprüfung der ermittelten Risiken soll regelmäßig und anlassbezogen, mindestens aber jährlich erfolgen.
Zur Einhaltung des LkSG müssen Unternehmen außerdem ein Beschwerdeverfahren einrichten, welches für Betroffene und Dritte zugänglich ist. Dieses Verfahren sollte Informationen auf geeignete Weise darstellen, eine schriftliche Verfahrensordnung und eine damit betraute Person beinhalten sowie einem hohen Maß an Vertraulichkeit gerecht werden.
Umsetzung der Sorgfaltspflicht
Hierzu stellt der NAP Helpdesk ein weiteres Online-Tool, den KMU Kompass zur Verfügung, das vor allem kleine und mittelständische Unternehmen bei der Umsetzung der unternehmerischen Sorgfaltspflicht unterstützen und Praxishilfen bieten soll.
Der rege Austausch der Workshop-Teilnehmer im Anschluss hat verdeutlicht, wie relevant das Thema derzeit ist. Diese Tatsache nehmen wir zu Anlass im Januar einen weiterführenden Vertiefungsworkshop anzubieten und freuen uns auf rege Teilnahme.