Unternehmerische Sorgfaltspflicht - Due Diligence
Berlin, 21.08.2020
Unternehmerische Sorgfalt walten zu lassen ist für Unternehmen der Naturtextil- und ‑lederbranche im Grunde genommen nichts Neues. Wir sind uns der ökologischen und sozialen Risiken entlang der Lieferkette durchaus bewusst und steuern seit über 30 Jahren dagegen – mit kurzen Wegen, möglichst kleinem Lieferantenkreis, Nachhaltigkeitserfahrung, Produktprüfungen und vor allem mit einer intrinsischen Überzeugung.
Der IVN informiert und berät
Unternehmerische Sorgfalt walten zu lassen ist für Unternehmen der Naturtextil- und ‑lederbranche im Grunde genommen nichts Neues. Wir sind uns der ökologischen und sozialen Risiken entlang der Lieferkette durchaus bewusst und steuern seit über 30 Jahren dagegen – mit kurzen Wegen, möglichst kleinem Lieferantenkreis, Nachhaltigkeitserfahrung, Produktprüfungen und vor allem mit einer intrinsischen Überzeugung.
Das wichtigste Instrument, um Umwelt- und Sozialrisiken zu vermeiden, ist eine verlässliche Zertifizierung, die die gesamte Lieferkette unter die Lupe nimmt. Sie betrachtet die Herstellung und alle involvierten Lieferanten der Produkte, die zertifiziert wurden. Je größer der Anteil zertifizierter Ware im Produktportfolio ist, desto geringer ist also das Risiko.
International wird die Forderung nach einem umfassenden Managementansatz immer lauter. Das Risikomanagement soll auf das gesamte Unternehmen bezogen sein, nicht nur auf die Lieferkette der zertifizierten und nachhaltigen Produkte. Der Begriff „Due Diligence“ (angemessene Sorgfalt) ist in diesem Zusammenhang allgegenwärtig in der Textil– und Lederindustrie, bei Politik, Presse und Öffentlichkeit. Unternehmen sollen die tiefere Lieferkette kennen, die sozialen und ökologischen Risiken, die Erzeugung und Vertrieb ihrer Produkte verursachen können identifizieren, Gegenmaßnahmen ergreifen und offenlegen, wie erfolgreich diese Schritte waren. Von konkreten Parametern, wann eine Maßnahme als erfolgreich zu werten ist – sprich vergleichbare, handfeste Anforderungen wie Standards sie beinhalten – ist erstmal nicht die Rede. Während einige Unternehmen den so genannten Due-Diligence-Prozess (DDP) als Lippenbekenntnis mit großem bürokratischen Aufwand betrachten, ist er für andere als internationale Leitlinie ein Managementinstrument auf dem Weg zum nachhaltigen Wirtschaften.
Die Rolle der internationalen Politik
Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (VN) hat 2011 die VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte [1] (VNLWM) verabschiedet, die als einer der wichtigsten internationalen Standards für Unternehmensverantwortung und menschenrechtliche Sorgfaltspflichten gelten. An dieser Stelle sei erwähnt, dass der Schutz der Umwelt in diesem Kontext ebenfalls mit inbegriffen ist, auch wenn der Schwerpunkt der Leitlinie im sozialen Bereich liegt.
Neben der Anforderung an die Regierungen der VN-Mitgliedsstaaten, menschenrechtliche Verantwortung zu übernehmen, definieren die VNLWM, dass auch Unternehmen eine Verantwortung haben, die Menschenrechte in ihrer Geschäftstätigkeit und in ihren Lieferketten zu achten. Diese Verantwortung haben alle Unternehmen, unabhängig von Größe oder Internationalität.
Der Textil- und Ledersektor ist einer der größten Konsumgütermärkte weltweit mit enormer wirtschaftlicher Triebkraft. Der tragische Einsturz von Rana Plaza im Jahr 2013 hat die globale Aufmerksamkeit nochmals darauf gelenkt, dass verantwortungsloses Handeln von Modeunternehmen aus Industrieländern schwerwiegende negative Auswirkungen in den Fertigungsländern verursachen kann. Die Modeindustrie in den Käufermärkten ist oft im Unklaren darüber, welche Produzenten und Dienstleister für die hierzulande angebotenen Produkte verantwortlich sind. Um negative Auswirkungen zu vermeiden, ist es aber wichtig über soziale und ökologische Risiken entlang der Lieferkette Bescheid zu wissen.
Für verschiedene internationale Institutionen wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist Unternehmerische Verantwortung für Liefer-ketten ein zentrales Kernthema und bei staatlichen Gipfeltreffen steht sie auf der Agenda ganz oben.
Bereits seit 1976 gelten die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen als Verhaltenskodex für weltweit verantwortliches Handeln von Unternehmen. Auf Basis dieser beiden internationalen Regelwerke hat die OECD 2017 speziell für den Schuh- und Bekleidungs-sektor einen Praxisleitfaden [2] erarbeitet, der Unternehmen anleiten soll, potenzielle negative Auswirkungen im Zusammenhang mit Menschenrechten, Arbeit, Umwelt und Korruption in den Lieferketten weltweit zu erkennen und zu verhindern.
Die Regierungen der VN-Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, die Einhaltung der VN-Leitprinzipien zu unterstützen und voranzutreiben. Wie viele andere Staaten auch, hat sich Deutschland eine Zielsetzung für ökologische und soziale Nachhaltigkeit erarbeitet, den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP). Er enthält nicht nur Maßnahmen, die die Regierung selbst ergreift, sondern auch eine Erwartungshaltung an Industrie und Handel – der OECD Due-Diligence-Leitfaden ist hier von zentraler Bedeutung. Die Regierung stellt verschiedene Initiativen und Instrumente zur Verfügung, die Unternehmen im DDP unterstützen sollen, z.B. staatliche Siegel (EU Bio, Grüner Knopf), Multistakeholder- Initiativen (Textilbündnis, Allianz für Klima und Entwicklung, den NAP Helpdesk) oder Förderinstrumente.
Noch ist die Umsetzung der „Due Diligence Guidence“ und die Teilnahme an staatlichen Initiativen nicht verpflichtend. Die im Nationalen Aktionsplan gesetzten Ziele (Sustainable Development Goals, SDG) werden aber offensichtlich nicht zufriedenstellend durch ein freiwilliges Umdenken von Industrie und Handel in Richtung ethische Geschäftspraxis erfüllt. Inzwischen gibt es eine Reihe von Gesetzen und Gesetzesentwürfen, die zur Umsetzung unternehmerischer Verantwortung beitragen, wie das Kreislaufwirtschaftsgesetz, die Produktkennzeichnung und gerade hochaktuell: Das Lieferkettengesetz. Darin würden die Sorgfaltspflichten deutscher Unternehmen definiert und es würde Menschen in den Lieferländern ermöglichen, Schadensersatzansprüche in Deutschland geltend zu machen. Sollte das Gesetz verabschiedet werden, setzt es Industrie und Handel stark unter Druck. Geplant ist, dass dieses Gesetz für Unternehmen ab 500 Mitarbeiter gilt. Die Unternehmensgröße sollte grundsätzlich aber keine Entschuldigung für fehlende Kenntnis oder inkonsequentes Handeln im Sinne der unternehmerischen Verantwortung sein.
Due Diligence – ein Managementprozess in sechs Schritten
Das Rahmenwerk beschreibt, wie verantwortungsvolles Wirtschaften aussieht und wie Unter-nehmen die Anforderungen in ihre Geschäftstätigkeit integrieren können. Konkret handelt es sich um einen Managementprozess, den Unternehmen etablieren können, um die menschenrechtlichen, sozialen und ökologischen Risiken der eigenen Geschäftstätigkeiten und auch die der Lieferkettenpartner zu identifizieren, zu verstehen und zu minimieren. Im Prinzip geht es darum, Risiken zu managen. Dazu ist es wichtig, Schritt für Schritt Transparenz über die eigene Lieferkette zu erlangen. Mit diesem Managementprozess erfährt man nicht nur mehr über die eigene Lieferkette, sondern ist auch auskunftsfähig gegenüber den Kunden, der Presse oder NGOs.
Due Diligence – ein Managementprozess in sechs Schritten
Das Rahmenwerk beschreibt, wie verantwortungsvolles Wirtschaften aussieht und wie Unter-nehmen die Anforderungen in ihre Geschäftstätigkeit integrieren können. Konkret handelt es sich um einen Managementprozess, den Unternehmen etablieren können, um die menschenrechtlichen, sozialen und ökologischen Risiken der eigenen Geschäftstätigkeiten und auch die der Lieferkettenpartner zu identifizieren, zu verstehen und zu minimieren. Im Prinzip geht es darum, Risiken zu managen. Dazu ist es wichtig, Schritt für Schritt Transparenz über die eigene Lieferkette zu erlangen. Mit diesem Managementprozess erfährt man nicht nur mehr über die eigene Lieferkette, sondern ist auch auskunftsfähig gegenüber den Kunden, der Presse oder NGOs.
Der Due-Diligence-Prozess besteht aus sechs Schritten.
1. Zunächst sollen sich Unternehmen darüber klar werden, wie sie mit den möglichen sozialen und ökologischer Risiken, die im Zusammenhang mit ihrer Geschäftstätigkeit auftreten könnten umgehen und wie sie sich dazu positionieren. Diese Haltung soll in einer Grundsatzerklärung dokumentiert werden, die zeigt, wofür das Unternehmen einsteht.
2. Wenn klar ist, was dem Unternehmen wichtig ist und welche ethischen Ziele es verfolgt, geht es darum konkret Risiken und mögliche Auswirkungen zu identifizieren und zu priorisieren, die die eigene Geschäftstätigkeit und auch die aller Lieferkettenpartner mit sich bringen – und damit real für Mensch, Tier und Umwelt bestehen. Hierbei ist es wichtig, die Risiken schriftlich festzuhalten, damit man kontinuierlich damit arbeiten und sie aktualisieren kann.
3. Aus dieser Risiko-Analyse ergibt sich ein direkter Handlungsbedarf. Unternehmen sollen die Risiken also nicht nur kennen, sondern auch Maßnahmen entwickeln, um diese Risiken auszuschließen oder zu verringern. Zu jeder Maßnahme setzen sich Unternehmen dann messbare Ziele. So wird erkennbar, ob sie auch zum gewünschten Erfolg geführt haben. Der Prozess und die Maßnahmen sollten also auf Managementebene verankert und in den Betriebsablauf integriert sein.
4. Es ist wichtig, die Wirkung der gedrehten Stellschrauben im Auge zu behalten, um gegen-steuern zu können, wenn der Erfolg nicht zufriedenstellend ist. Das Monitoring der Risiken und die Überprüfung der Effektivität von ergriffenen Maßnahmen helfen Unternehmen dabei nachzuvollziehen, ob soziale und ökologische Anforderungen an Lieferanten eingehalten wurden, wie das eigene Unternehmen performt und ob grundlegende gesetzliche Vorgaben eingehalten werden.
5. Nicht alle negativen Auswirkungen lassen sich durch ein Risikomanagement verhindern. Wichtig ist, dass für eventuelle Vorkommnisse Vorkehrungen getroffen und Prozesse etabliert werden. Beispielsweise sollte ein Umgang mit Beschwerden von Arbeitern in Risikoländern gefunden oder eine Strategie zur Abhilfe bzw. Wiedergutmachung von Unfällen entwickelt werden.
6. Nicht nur für das Unternehmen selbst ist der Umgang mit den sozialen und ökologischen Risiken relevant, sondern auch für Kunden, Lieferanten, Gesetzgebung und andere Anspruchsgruppen. Daher ist es wichtig, dass über die Maßnahmen kommuniziert wird und vor allem auch die Lieferkettenpartner über ihre Strategien zum Umgang mit den Risiken informiert werden. Eine verpflichtende öffentliche Berichterstattung ist sogar in einigen EU-Staaten bereits gesetzlich verankert.
Zertifizierungen wie GOTS, BEST und NATURTEXTIL oder Due Diligence Guidance?
Dem Due-Diligence-Prozess (DDP) zu folgen ist eine Möglichkeit Nachhaltigkeitsrisiken entlang der Lieferkette zu minimieren. Auf Zertifikaten von Lieferanten zu vertrauen und das eigenen Unternehmen zertifizieren zu lassen ist eine weitere. Beide Managementsysteme schließen sich nicht aus, sie können sich sehr gut ergänzen.
Der systemische Ansatz der OECD, seine Lieferketten zu kennen, sich über Risiken bewusst zu sein, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, deren Wirkung kontinuierlich zu verfolgen und öffentlich über die Erfolge zu berichten, ist letztlich nichts anderes, als das, was Standardgeber teilweise für zertifizierte Unternehmen übernehmen. Am Ende der Lieferkette müssen zertifizierte Marken oder Händler zwar den genauen Weg ihrer Produkte kennen, aber die Zertifikate der Lieferanten stellen bis zurück zur Rohstofferzeugung sicher, dass alle eingebundenen Verarbeitungsschritte nach hohen sozialen und ökologischen Anforderungen erfolgt sind und so Risiken vermeiden.
Eine Grundsatzerklärung fordern auch die vom IVN vergebenen Qualitätszeichen NATURTEXTIL BEST, NATURLEDER und GOTS von zertifizierten Unternehmen. Sie müssen Erklärungen zum Umweltmanagement und zu sozialverantwortlichem Handeln erstellen sowie über einen Verhaltenskodex zu ethischen Geschäftspraktiken verfügen.
Die Risikoermittlung und ‑priorisierung übernimmt der Standardgeber für die Unternehmen, indem ständig aktualisierte und anspruchsvolle Anforderungen gesetzt werden. Fachgremien aus allen Anspruchsgruppen der Textil- und Lederwirtschaft identifizieren mögliche Risiken, die bei Produktion und Handel der Produkte entstehen können und schreiben entsprechenden Vermeidungsstrategien im Standard fest – Sozialstandards, Umweltkriterien und Qualitätsparameter zum Schutz der Verbraucher. Ein Unternehmen muss sich also in Bezug auf zertifizierte Produkte keine großen Gedanken über mögliche Nachhaltigkeitsrisiken machen. Die IVN Standards stellen auch Anforderungen zur Risikominimierung für das ganze Unternehmen (nicht nur für zertifizierte Produkte), wie beispielsweise Abwasser- und Abfallmanagement, Energieverbrauch und Sozialstandards. Für die Risiken, die im Zusammenhang mit nicht zertifizierten Produkten entstehen können, bleibt das Unternehmen jedoch selbst verantwortlich. Ohne eine unternehmensübergreifende Analyse bleibt also ein Restrisiko, auch für zertifizierte Unternehmen.
Für die Verankerung der Lieferkettenverantwortung in der unternehmerischen Geschäftspraxis sind Zertifikate ein wichtiges Instrument. Bei der Beschaffung erleichtern sie die Suche nach Lieferanten, die dem eigenen unternehmerischen Verhaltenskodex entsprechen – und das unabhängig verifiziert, nicht nur durch eine Selbsterklärung. Auch den Blick in die tiefere Lieferkette übernehmen die Standards, denn alle zertifizierten Unternehmen müssen anhand von Transaktionszertifikaten nachweisen, dass auch ihre Lieferanten zertifiziert sind – bis hin zur Rohstofferzeugung. BEST, NATURLEDER und GOTS sind also eine konkrete und messbare Maßnahme, die in die unternehmerischen Entscheidungen zum Risikomanagement integriert werden können. Sie greifen für die Risiken im eigenen Unternehmen, in der Lieferkette nur für ebenfalls zertifizierte Lieferanten.
Das Monitoring, also die Beobachtung der Lieferkette, ob und in wie weit unternehmerische Maßnahmen erfolgreich waren, können kleinere Unternehmen nur schwer umsetzen, die nicht über entsprechende Auftragsvolumina genügend Einfluss auf ihre Lieferanten nehmen und so die tiefere Lieferkette kennen. Kleinere Unternehmen können sich in Sachen Wirkungsmessung hier auf Standards verlassen, die die Überprüfung übernehmen. Die Kriterien sind – im Gegensatz zum DDP – konkrete Parameter, wie Verbote, dezidierte Grenzwerte bis hin zur Vorgabe von Analyseverfahren. Die Anforderungen einzuhalten ist für zertifizierte Unternehmen verpflichtend und wird durch unabhängige Zertifizierer jährlich überprüft. Dadurch ist die Wirkung, nämlich der Ausschluss bestimmter Risiken von vornherein gesetzt. Aber auch in diesem Zusammenhang gilt: nur für zertifizierte Lieferanten.
Auch die Möglichkeit einen wirkungsvollen Beschwerdemechanismus in den Lieferländern einzurichten oder zu nutzen, hängt stark von den Einflussmöglichkeiten eines Unternehmens auf den Lieferanten ab und davon, wie tief in die Lieferkette das Wissen um Lieferanten und Vorlieferanten reicht. Denn damit Menschen in den Lieferländern Menschenrechts- oder Umweltverstöße ohne Risiko für sich selbst melden können, ist eine vertrauensvolle Verbindung zum beauftragenden Unternehmen hierzulande nötig, auch über einige Liefer-kettenschritte hinweg. Sie muss nicht direkt sein, kann also beispielsweise über Gewerkschaften oder Nichtregierungsorganisationen vor Ort bestehen. Internationale Standards fordern einhellig, dass Unternehmen effektive Beschwerdemechanismen für potentiell von sozialen und ökologischen Auswirkungen Betroffene bereitstellen und bei Bedarf Abhilfe leisten. Auch der GOTS verlangt seit kurzem, dass zertifizierte Betriebe einen funktionierenden und wirksamen Beschwerdemechanismus einrichten. Beschwerdemechanismen außerhalb von Zertifizierungssystemen zu etablieren, ist eine große Herausforderung für kleine Unternehmen, da sie nicht ausreichend Druck ausüben können, um an Informationen zu gelangen oder gar Zusicherungen ihrer Lieferanten zu erhalten, dass Beschwerdemechanismen eingerichtet sind. Das Textilbündnis hat ein Infopapier [3] veröffentlicht, das einen guten Überblick und erste Schritte zu Abhilfe- und Beschwerdemechanismen zusammenfasst.
Eine transparente öffentliche Berichterstattung ist natürlich für Unternehmen, die ihre Risiken selbst priorisieren und ihre Ziele selbst festlegen, wichtig, wenn man Verbraucher vor Greenwashing schützen will. Im Grunde genommen geht es darum, Rede und Antwort zu stehen. Sind die gesetzten Nachhaltigkeitsziele erreicht worden und in welchem Umfang? Die publizierten Informationen zur Nachhaltigkeitsperformance von Unternehmen werden allerdings nicht überprüft. Für zertifizierte Unternehmen können Produktsiegel einen Teil der Kommunikation übernehmen. Da der Siegelvergabe eine Zertifizierung vorausgeht, ist die Aussage, die ein Unternehmen mit der Produktkennzeichnung über seinen Umgang mit ökologischen und sozialen Risiken trifft deutlich glaubwürdiger.
Wie wichtig ist der Due Diligence Prozess für die nachhaltige Textil- und Lederbranche?
Der OECD Managementansatz der Unternehmerischen Sorgfaltspflicht ist für die nachhaltige Modebranche durchaus relevant und wichtig. Die in der Nachhaltigkeitsbranche gängigen Standards übernehmen einen großen Teil der Due Diligence für Brands und Handel. Sich nur auf Zertifizierungen zu verlassen, bedeutet für Unternehmen ein Restrisiko einzugehen, sei es weil Standards nicht sämtliche Produkte und deren Lieferanten abdecken oder weil einige Risiken nicht adressiert werden, wie zum Beispiel ein Beschwerdemanagement oder existenzsichernde Löhne. Es reicht nicht aus, unternehmerische Nachhaltigkeitsrisiken zu kennen und sich selbst Ziele zu stecken, die man erfüllen kann oder nicht, auch wenn man öffentlich Rede und Antwort stehen muss. Für einen ganzheitlichen Unternehmensansatz sind sowohl ein Prozessrahmen wie der der OECD als auch die festgeschriebenen Anforderungen und externen Verifizierungen von Standards wichtig, die Unternehmen überhaupt erst vergleichbar machen.
Auch wenn klein- und mittelständische Unternehmen selbst nicht gesetzlich zur Verantwortung gezogen werden sollen, große Unternehmen, die gezwungen sind zu handeln, werden natürlich nicht nur Gutes tun, sondern auch darüber reden. Und mit dieser positiven Kommunikation könnten sich dann Fast Fashion Marken aus Verbrauchersicht positiv und ökologisch verantwortlich positionieren. Die Nachhaltigkeitspioniere unserer Branche müssen sich daher rechtzeitig auf diese Veränderung einstellen und sollten sich nicht ausruhen. Nachhaltige Brands und Händler müssen mit ihrem eigenen unternehmerischen Handeln Stellung beziehen.
Als Branchenverband hat sich der IVN mit der Thematik bereits intensiv beschäftigt und steht seinen Mitgliedern jederzeit persönlich sowie über EZ-Scoutin Mandy Piepke telefonisch und per Mail mit entsprechendem Know-how zur Verfügung. Für 2021 bietet der IVN gemeinsam mit dem Grünen Knopf [4] und dem Textilbündnis [5] eine Workshopreihe zum Due-Diligence-Prozess an. Er ist explizit für unsere Branchen- Unternehmen konzipiert und hält u.a. Lösungswege und Instrumente bis hin zu konkreten Templates zum Risikomanagement bereit. Ein Leitfaden zu dieser Thematik ist im IVN in Arbeit. Gerne stehen wir interessierten Firmen auf der kommenden Innatex für Gespräche und Fragen zur Verfügung.
Mehr lesen:
[1] globalcompact.de – Bibliothek – Menschenrechte und Arbeitsnormen
[2] oecd.org
[3] csr-in-deutschland.de – Wirtschaft-Menschenrechte
[4] www.gruener-knopf.de
[5] textilbuendnis.com