Unternehmerische Sorgfaltspflicht - Due Diligence

Berlin, 21.08.2020

Unter­neh­me­ri­sche Sorgfalt walten zu lassen ist für Unter­nehmen der Natur­textil- und ‑leder­branche im Grunde genommen nichts Neues. Wir sind uns der ökolo­gi­schen und sozialen Risiken entlang der  Liefer­kette durchaus bewusst und steuern seit über 30 Jahren dagegen – mit kurzen Wegen, möglichst  kleinem Liefe­ran­ten­kreis, Nachhal­tig­keits­er­fah­rung, Produkt­prü­fungen und vor allem mit einer intrin­si­schen Überzeugung.

Der IVN infor­miert und berät

Unter­neh­me­ri­sche Sorgfalt walten zu lassen ist für Unter­nehmen der Natur­textil- und ‑leder­branche im Grunde genommen nichts Neues. Wir sind uns der ökolo­gi­schen und sozialen Risiken entlang der Liefer­kette durchaus bewusst und steuern seit über 30 Jahren dagegen – mit kurzen Wegen, möglichst kleinem Liefe­ran­ten­kreis,  Nachhal­tig­keits­er­fah­rung, Produkt­prü­fungen und vor allem mit einer intrin­si­schen Überzeugung.

Das wichtigste Instru­ment, um Umwelt- und Sozial­ri­siken zu vermeiden,  ist eine verläss­liche Zerti­fi­zie­rung, die die gesamte Liefer­kette unter die Lupe nimmt. Sie betrachtet die Herstel­lung und alle invol­vierten Liefe­ranten der Produkte, die zerti­fi­ziert wurden. Je größer der Anteil zerti­fi­zierter Ware im Produkt­port­folio ist, desto geringer ist also das Risiko.

Inter­na­tional wird die Forde­rung nach einem umfas­senden Manage­ment­an­satz immer lauter.  Das Risiko­ma­nage­ment soll auf das gesamte Unter­nehmen bezogen sein, nicht nur auf die Liefer­kette der zerti­fi­zierten und nachhal­tigen Produkte. Der Begriff „Due Diligence“ (angemes­sene Sorgfalt) ist in diesem Zusam­men­hang  allge­gen­wärtig in der Textil– und Leder­in­dus­trie, bei Politik, Presse und Öffent­lich­keit.  Unter­nehmen sollen die tiefere  Liefer­kette kennen, die sozialen und ökolo­gi­schen Risiken, die Erzeu­gung und Vertrieb ihrer Produkte  verur­sa­chen können identi­fi­zieren, Gegen­maß­nahmen ergreifen  und offen­legen, wie erfolg­reich diese Schritte waren. Von konkreten Parame­tern, wann eine Maßnahme als erfolg­reich zu werten ist – sprich vergleich­bare, handfeste Anfor­de­rungen wie Standards sie beinhalten – ist erstmal nicht die Rede. Während einige  Unter­nehmen den so genannten Due-Diligence-Prozess (DDP) als Lippen­be­kenntnis mit großem bürokra­ti­schen Aufwand betrachten, ist er für andere als inter­na­tio­nale Leitlinie ein Manage­men­tin­stru­ment auf dem Weg zum nachhal­tigen Wirtschaften.

Die Rolle der inter­na­tio­nalen Politik

Der Menschen­rechtsrat der Vereinten  Nationen (VN) hat 2011 die VN-Leitprin­zi­pien für Wirtschaft und Menschen­rechte [1] (VNLWM) verab­schiedet, die als einer der wichtigsten inter­na­tio­nalen Standards für Unter­neh­mens­ver­ant­wor­tung und menschen­recht­liche Sorgfalts­pflichten gelten. An dieser Stelle sei erwähnt, dass der Schutz der Umwelt in diesem Kontext ebenfalls mit inbegriffen ist, auch wenn der Schwer­punkt der Leitlinie im sozialen Bereich liegt.

Neben der Anfor­de­rung an die Regie­rungen der VN-Mitglieds­staaten,  menschen­recht­liche Verant­wortung zu übernehmen, definieren die VNLWM, dass auch Unter­nehmen eine Verant­wortung haben, die Menschen­rechte  in ihrer Geschäfts­tä­tig­keit und in ihren Liefer­ketten zu achten. Diese Verant­wortung haben alle Unter­nehmen, unabhängig  von Größe oder Internationalität.

Der Textil- und Leder­sektor ist einer der größten  Konsum­gü­ter­märkte weltweit mit enormer wirtschaft­li­cher Trieb­kraft. Der tragi­sche Einsturz von Rana Plaza im Jahr 2013 hat die globale Aufmerk­sam­keit  nochmals darauf gelenkt, dass verant­wor­tungs­loses Handeln von Modeun­ter­nehmen aus Indus­trie­län­dern schwer­wie­gende  negative Auswir­kungen in den Ferti­gungs­län­dern verur­sa­chen kann. Die Modeindus­trie in den Käufer­märkten ist oft im Unklaren darüber, welche Produ­zenten und Dienst­leister für die hierzu­lande angebo­tenen Produkte verant­wort­lich sind. Um negative Auswir­kungen zu vermeiden, ist es aber wichtig über soziale und  ökolo­gi­sche Risiken entlang der  Liefer­kette Bescheid zu wissen.

Für verschie­dene inter­na­tio­nale Insti­tu­tionen wie die Organi­sa­tion für wirtschaft­liche Zusam­men­ar­beit und Entwick­lung (OECD) ist Unter­neh­me­ri­sche Verant­wortung für Liefer-ketten ein zentrales  Kernthema und bei staat­li­chen Gipfel­treffen steht sie auf der  Agenda ganz oben.

Bereits seit 1976 gelten die OECD-Leitsätze für multi­na­tio­nale Unter­nehmen als Verhal­tens­kodex für weltweit verant­wort­li­ches Handeln von Unter­nehmen.  Auf Basis dieser beiden inter­na­tio­nalen Regel­werke hat die OECD 2017 speziell für den Schuh- und Beklei­dungs-sektor einen  Praxis­leit­faden [2] erarbeitet, der Unter­nehmen anleiten soll,  poten­zi­elle negative Auswir­kungen im Zusam­men­hang mit Menschen­rechten, Arbeit, Umwelt und Korrup­tion in den Liefer­ketten weltweit zu erkennen und zu verhindern.

Die Regie­rungen der VN-Mitglieds­staaten sind verpflichtet, die Einhal­tung der VN-Leitprin­zi­pien zu unter­stützen und voran­zu­treiben. Wie viele andere Staaten auch, hat sich Deutsch­land eine Zielset­zung für ökolo­gi­sche und soziale Nachhal­tig­keit erarbeitet, den Natio­nalen Aktions­plan Wirtschaft und Menschen­rechte (NAP). Er enthält nicht nur Maßnahmen, die die Regie­rung selbst ergreift, sondern auch eine Erwar­tungs­hal­tung an Indus­trie und Handel – der OECD Due-Diligence-Leitfaden ist hier von zentraler Bedeu­tung. Die Regie­rung stellt verschie­dene Initia­tiven und Instru­mente zur Verfü­gung, die Unter­nehmen  im DDP unter­stützen sollen, z.B. staat­liche  Siegel (EU Bio, Grüner Knopf), Multistake­holder- Initia­tiven (Textil­bündnis,  Allianz für Klima und Entwick­lung, den NAP Helpdesk) oder Förderinstrumente.

Noch ist die Umset­zung der „Due Diligence Guidence“ und die Teilnahme an staat­li­chen Initia­tiven nicht verpflich­tend. Die im Natio­nalen Aktions­plan gesetzten Ziele (Sustainable Develo­p­ment Goals, SDG) werden aber offen­sicht­lich nicht zufrie­den­stel­lend durch ein freiwil­liges  Umdenken von Indus­trie und Handel in Richtung ethische Geschäfts­praxis erfüllt. Inzwi­schen gibt es eine Reihe von Gesetzen  und Geset­zes­ent­würfen, die zur Umset­zung unter­neh­me­ri­scher  Verant­wortung beitragen, wie das Kreis­lauf­wirt­schafts­ge­setz, die Produkt­kenn­zeich­nung und gerade  hochak­tuell: Das Liefer­ket­ten­ge­setz. Darin würden die Sorgfalts­pflichten deutscher Unter­nehmen definiert und es würde  Menschen in den Liefer­län­dern ermög­li­chen,  Schadens­er­satz­an­sprüche in Deutsch­land geltend zu machen. Sollte das Gesetz verab­schiedet werden, setzt es Indus­trie und Handel stark unter Druck. Geplant ist, dass dieses Gesetz für Unter­nehmen ab 500 Mitar­beiter gilt. Die Unter­neh­mens­größe sollte grund­sätz­lich aber keine Entschul­di­gung für fehlende Kenntnis  oder inkon­se­quentes Handeln im Sinne der unter­neh­me­ri­schen  Verant­wortung sein.

Due Diligence – ein Manage­ment­pro­zess in sechs Schritten

Das Rahmen­werk beschreibt, wie  verant­wor­tungs­volles Wirtschaften aussieht und wie Unter-nehmen die Anfor­de­rungen in ihre Geschäfts­tä­tig­keit integrieren können. Konkret handelt es sich um  einen Manage­ment­pro­zess, den Unter­nehmen etablieren können, um die menschen­recht­li­chen, sozialen und ökolo­gi­schen Risiken der eigenen Geschäfts­tä­tig­keiten und auch die der Liefer­ket­ten­partner zu identi­fi­zieren, zu verstehen und zu minimieren. Im Prinzip geht es darum, Risiken zu managen. Dazu ist es wichtig, Schritt für Schritt Trans­pa­renz über die eigene Liefer­kette zu erlangen. Mit diesem Manage­ment­pro­zess erfährt man nicht nur mehr über die eigene Liefer­kette, sondern ist auch auskunfts­fähig gegen­über den Kunden, der Presse oder NGOs.

Due Diligence – ein Manage­ment­pro­zess in sechs Schritten

Das Rahmen­werk beschreibt, wie  verant­wor­tungs­volles Wirtschaften aussieht und wie Unter-nehmen die Anfor­de­rungen in ihre Geschäfts­tä­tig­keit integrieren können. Konkret handelt es sich um  einen Manage­ment­pro­zess, den Unter­nehmen etablieren können, um die menschen­recht­li­chen, sozialen und ökolo­gi­schen Risiken der eigenen Geschäfts­tä­tig­keiten und auch die der Liefer­ket­ten­partner zu identi­fi­zieren, zu verstehen und zu minimieren. Im Prinzip geht es darum, Risiken zu managen. Dazu ist es wichtig, Schritt für Schritt Trans­pa­renz über die eigene Liefer­kette zu erlangen. Mit diesem Manage­ment­pro­zess erfährt man nicht nur mehr über die eigene Liefer­kette, sondern ist auch auskunfts­fähig gegen­über den Kunden, der Presse oder NGOs.

Der Due-Diligence-Prozess besteht aus sechs Schritten.

1. Zunächst sollen sich Unter­nehmen darüber klar werden, wie sie mit den mögli­chen sozialen und ökolo­gi­scher Risiken, die im Zusam­men­hang  mit ihrer Geschäfts­tä­tig­keit auftreten könnten umgehen und wie sie sich dazu positio­nieren. Diese Haltung soll in einer Grund­satz­er­klä­rung dokumen­tiert werden, die zeigt, wofür das Unter­nehmen einsteht. 

2. Wenn klar ist, was dem Unter­nehmen wichtig ist und welche ethischen Ziele es verfolgt, geht es darum konkret Risiken und mögliche Auswir­kungen zu identi­fi­zieren und zu priori­sieren, die die eigene Geschäfts­tä­tig­keit und auch die aller Liefer­ket­ten­partner mit sich bringen – und damit real für Mensch, Tier und Umwelt bestehen. Hierbei ist es wichtig, die Risiken schrift­lich festzu­halten, damit man konti­nu­ier­lich damit arbeiten und sie aktua­li­sieren kann. 

3. Aus dieser Risiko-Analyse ergibt sich ein direkter Handlungs­be­darf.  Unter­nehmen sollen die Risiken also nicht nur kennen, sondern auch Maßnahmen entwi­ckeln, um diese Risiken auszu­schließen  oder zu verrin­gern. Zu jeder Maßnahme setzen sich Unter­nehmen dann messbare Ziele. So wird erkennbar, ob sie auch zum gewünschten Erfolg geführt  haben. Der Prozess und die Maßnahmen sollten also auf Manage­ment­ebene veran­kert und in den  Betriebs­ab­lauf integriert sein. 

4. Es ist wichtig, die Wirkung der gedrehten Stell­schrauben im Auge zu behalten, um gegen-steuern zu können, wenn der Erfolg nicht  zufrie­den­stel­lend ist. Das Monito­ring der Risiken und die Überprü­fung  der Effek­ti­vität von ergrif­fenen Maßnahmen helfen Unter­nehmen dabei nachzu­voll­ziehen, ob soziale und ökolo­gi­sche Anfor­de­rungen an Liefe­ranten einge­halten wurden, wie das eigene Unter­nehmen performt und ob grund­le­gende gesetz­liche Vorgaben  einge­halten werden. 

5. Nicht alle negativen Auswir­kungen lassen sich durch ein Risiko­ma­nage­ment verhin­dern. Wichtig ist, dass für eventu­elle Vorkomm­nisse Vorkeh­rungen getroffen und Prozesse  etabliert werden. Beispiels­weise sollte ein Umgang mit Beschwerden von Arbei­tern in Risiko­län­dern gefunden oder eine Strategie zur Abhilfe bzw. Wieder­gut­ma­chung von Unfällen entwi­ckelt werden.

6. Nicht nur für das Unter­nehmen selbst ist der Umgang mit den sozialen und ökolo­gi­schen Risiken relevant, sondern auch für Kunden, Liefe­ranten, Gesetz­ge­bung und andere Anspruchs­gruppen. Daher ist es wichtig, dass über die Maßnahmen kommu­ni­ziert wird und vor allem auch die Liefer­ket­ten­partner über ihre Strate­gien zum Umgang mit den Risiken infor­miert werden. Eine verpflich­tende öffent­liche Bericht­erstat­tung ist sogar in einigen EU-Staaten bereits gesetz­lich  verankert.

Zerti­fi­zie­rungen wie GOTSBEST und NATUR­TEXTIL oder Due Diligence Guidance?

Dem Due-Diligence-Prozess (DDP) zu folgen ist eine Möglich­keit  Nachhal­tig­keits­ri­siken entlang der Liefer­kette zu minimieren. Auf Zerti­fi­katen von Liefe­ranten zu vertrauen und das eigenen  Unter­nehmen zerti­fi­zieren zu lassen ist eine weitere. Beide Manage­ment­sys­teme schließen sich nicht aus, sie können sich sehr gut ergänzen.

Der syste­mi­sche Ansatz der OECD, seine Liefer­ketten zu kennen, sich über Risiken bewusst zu sein, Gegen­maß­nahmen zu ergreifen, deren Wirkung konti­nu­ier­lich zu verfolgen und öffent­lich über die Erfolge zu berichten, ist letzt­lich nichts anderes, als das, was Standard­geber  teilweise für  zerti­fi­zierte Unter­nehmen  übernehmen. Am Ende der Liefer­kette müssen zerti­fi­zierte  Marken oder Händler zwar den genauen Weg ihrer Produkte kennen, aber die Zerti­fi­kate der Liefe­ranten stellen bis zurück zur  Rohstoff­er­zeu­gung sicher, dass alle einge­bun­denen Verar­bei­tungs­schritte nach hohen sozialen und ökolo­gi­schen Anfor­de­rungen erfolgt sind und so Risiken vermeiden.

Eine Grund­satz­er­klä­rung fordern auch die vom IVN verge­benen  Quali­täts­zei­chen NATUR­TEXTIL BEST, NATUR­LEDER und GOTS von zerti­fi­zierten Unter­nehmen. Sie müssen  Erklä­rungen zum Umwelt­ma­nage­ment und zu sozial­ver­ant­wort­li­chem Handeln erstellen sowie über einen Verhal­tens­kodex zu ethischen Geschäfts­prak­tiken verfügen.

Die Risiko­er­mitt­lung und ‑priori­sie­rung übernimmt der  Standard­geber für die Unter­nehmen, indem ständig aktua­li­sierte und anspruchs­volle Anfor­de­rungen gesetzt werden. Fachgre­mien aus allen Anspruchs­gruppen der Textil- und Leder­wirt­schaft identi­fi­zieren mögliche Risiken, die bei Produk­tion und Handel der Produkte entstehen können und schreiben entspre­chenden Vermei­dungs­stra­te­gien im Standard fest – Sozial­stan­dards, Umwelt­kri­te­rien  und Quali­täts­pa­ra­meter zum Schutz der Verbrau­cher. Ein Unter­nehmen muss sich also in  Bezug auf zerti­fi­zierte Produkte keine großen Gedanken über mögliche Nachhal­tig­keits­ri­siken machen. Die IVN Standards stellen auch Anfor­de­rungen zur Risiko­mi­ni­mie­rung für das ganze  Unter­nehmen (nicht nur für zerti­fi­zierte  Produkte), wie beispiels­weise Abwasser- und Abfall­ma­nage­ment, Energie­ver­brauch und  Sozial­stan­dards. Für die Risiken, die im Zusam­men­hang mit nicht zerti­fi­zierten Produkten entstehen können, bleibt das Unter­nehmen  jedoch selbst verant­wort­lich.  Ohne eine unter­neh­mens­über­grei­fende Analyse bleibt also ein  Restri­siko, auch für zerti­fi­zierte  Unternehmen.

Für die Veran­ke­rung der Liefer­ket­ten­ver­ant­wor­tung in der  unter­neh­me­ri­schen Geschäfts­praxis sind Zerti­fi­kate ein wichtiges Instru­ment. Bei der Beschaf­fung erleich­tern sie die Suche nach  Liefe­ranten, die dem eigenen unter­neh­me­ri­schen Verhal­tens­kodex  entspre­chen – und das unabhängig verifi­ziert, nicht nur durch eine Selbst­er­klä­rung. Auch den Blick in die tiefere Liefer­kette übernehmen die Standards, denn alle zerti­fi­zierten Unter­nehmen müssen anhand von Trans­ak­ti­ons­zer­ti­fi­katen nachweisen, dass auch ihre Liefe­ranten zerti­fi­ziert sind – bis hin zur Rohstoff­er­zeu­gung. BEST, NATUR­LEDER und GOTS sind also eine konkrete und messbare Maßnahme, die in die unter­neh­me­ri­schen  Entschei­dungen zum Risiko­ma­nage­ment integriert werden können. Sie greifen für die Risiken  im eigenen Unter­nehmen, in der Liefer­kette nur für ebenfalls zerti­fi­zierte  Lieferanten.

Das Monito­ring, also die Beobach­tung der Liefer­kette, ob  und in wie weit unter­neh­me­ri­sche Maßnahmen erfolg­reich waren, können kleinere Unter­nehmen nur schwer umsetzen, die nicht über entspre­chende Auftrags­vo­lu­mina genügend Einfluss auf ihre Liefe­ranten nehmen und so die tiefere Liefer­kette kennen. Kleinere Unter­nehmen können sich in Sachen Wirkungs­mes­sung hier auf Standards verlassen, die die Überprü­fung übernehmen. Die Krite­rien sind – im Gegen­satz zum DDP – konkrete Parameter, wie Verbote, dezidierte  Grenz­werte bis hin zur Vorgabe von Analy­se­ver­fahren. Die Anfor­de­rungen einzu­halten ist für zerti­fi­zierte Unter­nehmen verpflich­tend und wird durch unabhän­gige  Zerti­fi­zierer jährlich überprüft. Dadurch ist die Wirkung, nämlich der Ausschluss bestimmter Risiken von vornherein gesetzt. Aber auch in diesem Zusam­men­hang gilt: nur für  zerti­fi­zierte Lieferanten.

Auch die Möglich­keit einen wirkungs­vollen Beschwer­de­me­cha­nismus in den Liefer­län­dern einzu­richten oder zu nutzen, hängt stark von den Einfluss­mög­lich­keiten eines Unter­neh­mens auf den Liefe­ranten ab und davon, wie tief in die Liefer­kette das Wissen um Liefe­ranten und Vorlie­fe­ranten reicht. Denn damit Menschen in den Liefer­län­dern Menschen­rechts- oder Umwelt­ver­stöße ohne Risiko für sich selbst melden können, ist eine vertrau­ens­volle Verbin­dung zum beauf­tra­genden Unter­nehmen hierzu­lande nötig, auch über einige Liefer-ketten­schritte hinweg. Sie muss nicht direkt sein, kann also beispiels­weise über Gewerk­schaften oder  Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tionen  vor Ort bestehen. Inter­na­tio­nale Standards fordern einhellig, dass Unter­nehmen effek­tive Beschwer­de­me­cha­nismen für poten­tiell von sozialen und  ökolo­gi­schen Auswir­kungen Betrof­fene bereit­stellen und bei Bedarf Abhilfe leisten. Auch der GOTS verlangt seit kurzem, dass  zerti­fi­zierte Betriebe einen funktio­nie­renden und wirksamen Beschwer­de­me­cha­nismus  einrichten. Beschwer­de­me­cha­nismen außer­halb von Zerti­fi­zie­rungs­sys­temen zu etablieren, ist eine große Heraus­for­de­rung für kleine Unter­nehmen, da sie nicht ausrei­chend Druck ausüben können,  um an Infor­ma­tionen zu gelangen oder gar Zusiche­rungen ihrer Liefe­ranten zu erhalten, dass Beschwer­de­me­cha­nismen einge­richtet sind. Das Textil­bündnis hat ein Infopa­pier [3] veröf­fent­licht, das einen guten Überblick und erste Schritte zu Abhilfe- und Beschwer­de­me­cha­nismen zusammenfasst.

Eine trans­pa­rente öffent­liche Bericht­erstat­tung ist natür­lich für  Unter­nehmen, die ihre Risiken selbst priori­sieren und ihre Ziele selbst festlegen, wichtig, wenn man Verbrau­cher vor Green­wa­shing schützen will. Im Grunde genommen geht es darum, Rede und Antwort zu stehen. Sind die gesetzten Nachhal­tig­keits­ziele erreicht  worden und in welchem  Umfang? Die publi­zierten Infor­ma­tionen zur Nachhaltigkeits­performance von Unter­nehmen werden  aller­dings nicht überprüft. Für zerti­fi­zierte Unter­nehmen können Produkt­siegel einen Teil der Kommu­ni­ka­tion übernehmen. Da der Siegel­ver­gabe eine Zerti­fi­zie­rung voraus­geht, ist die Aussage, die ein Unter­nehmen mit der Produkt­kenn­zeich­nung über seinen Umgang mit ökolo­gi­schen und sozialen Risiken trifft deutlich glaubwürdiger.

Wie wichtig ist der Due Diligence Prozess für die nachhal­tige Textil- und Lederbranche?

Der OECD Manage­ment­an­satz der Unter­neh­me­ri­schen Sorgfalts­pflicht ist für die nachhal­tige Modebranche durchaus relevant und wichtig. Die in der Nachhal­tig­keits­branche gängigen Standards  übernehmen einen großen Teil der Due Diligence für Brands und Handel. Sich nur auf Zerti­fi­zie­rungen zu verlassen, bedeutet für Unter­nehmen ein Restri­siko  einzu­gehen, sei es weil Standards nicht sämtliche Produkte und deren  Liefe­ranten abdecken oder weil einige Risiken nicht adres­siert werden, wie zum Beispiel ein  Beschwer­de­ma­nage­ment oder  existenz­si­chernde Löhne. Es reicht nicht aus, unter­neh­me­ri­sche Nachhal­tig­keits­ri­siken zu  kennen und sich selbst Ziele zu stecken, die man erfüllen kann oder nicht, auch wenn man öffent­lich Rede und Antwort stehen muss. Für einen ganzheit­li­chen Unter­neh­mens­an­satz sind sowohl ein Prozess­rahmen wie der der OECD als auch die festge­schrie­benen Anfor­de­rungen und externen Verifi­zie­rungen von Standards wichtig, die Unter­nehmen überhaupt erst vergleichbar machen. 

Auch wenn klein- und mittel­stän­di­sche Unter­nehmen selbst nicht gesetz­lich zur Verant­wortung gezogen werden sollen, große  Unter­nehmen, die gezwungen sind zu handeln, werden natür­lich nicht nur Gutes tun, sondern auch darüber reden. Und mit dieser positiven Kommu­ni­ka­tion könnten sich dann Fast Fashion Marken aus Verbrau­cher­sicht positiv und ökolo­gisch verant­wort­lich positio­nieren. Die Nachhal­tig­keitspio­niere unserer Branche müssen sich daher recht­zeitig auf diese Verän­de­rung einstellen und sollten sich nicht ausruhen. Nachhal­tige Brands und Händler müssen mit ihrem eigenen unter­neh­me­ri­schen Handeln Stellung beziehen. 

Als Branchen­ver­band hat sich der IVN mit der Thematik bereits  intensiv  beschäf­tigt und steht seinen Mitglie­dern jeder­zeit persön­lich sowie über EZ-Scoutin Mandy Piepke telefo­nisch und per Mail mit entspre­chendem  Know-how zur Verfü­gung. Für 2021 bietet der IVN gemeinsam mit dem Grünen Knopf [4] und dem Textil­bündnis [5] eine Workshop­reihe zum Due-Diligence-Prozess an. Er ist explizit für unsere Branchen- Unter­nehmen  konzi­piert und hält u.a. Lösungs­wege und Instru­mente bis hin zu  konkreten Templates zum Risiko­ma­nage­ment  bereit. Ein Leitfaden zu dieser Thematik ist im IVN in Arbeit. Gerne stehen wir inter­es­sierten Firmen auf der  kommenden Innatex für Gespräche und Fragen zur Verfügung. 

Mehr lesen:
[1] globalcompact.de – Biblio­thek – Menschen­rechte und Arbeits­normen
[2] oecd.org
[3] csr-in-deutschland.de – Wirtschaft-Menschen­rechte
[4] www.gruener-knopf.de
[5] textilbuendnis.com