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Verbrauchertipps: Auf geht’s zum nachhaltig gefüllten Kleiderschrank!

Baumwolle ist uns zu einem tägli­chen Begleiter geworden. Von der Unter­wä­sche über das T‑Shirt und die Jeans bis hin zum Putzlappen: Jeder hat irgend­etwas aus Baumwolle im Schrank. „Das weiße Gold“ ist die wirtschaft­lich bedeu­tendste unter den Natur­fa­sern. Der Anteil der Roh-Baumwolle am Weltfa­ser­markt liegt bei ungefähr 29%. Sie wird in über 100 Ländern der Welt angebaut, haupt­säch­lich in Indien, China und den USA.

Im Gegen­satz zu Kunst­fa­sern ist sie sehr saugfähig. Ist sie aller­dings erst einmal nass geworden, trocknet sie nur langsam. Baumwolle fühlt sich auf der Haut gut an, kratzt nicht und gilt als hautfreund­lich. Sie ist pflege­leicht, weil sie verhält­nis­mäßig wenig knittert, bei heißen Tempe­ra­turen gewaschen werden kann und recht wider­stands­fähig gegen­über Motten ist. Aber Baumwolle ist nicht gleich Baumwolle.  Aus der Sicht der Nachhal­tig­keit ist die beliebte Faser aller­dings – konven­tio­nell angebaut – auch das Sorgen­kind unter den Naturfasern:

Gentechnik- Baumwolle: mehr Fluch als Segen

Im Jahr 2014 war 68% der weltweit angebauten Baumwolle aus gentech­nisch verän­dertem Saatgut gezogen. Durch einen Eingriff in die DNA einer Pflanze kann man sie im Labor mit Eigen­schaften ausstatten, die sie von Natur aus nicht hat. Durch Genma­ni­pu­la­tion entsteht beispiels­weise eine Baumwoll­pflanze, die resis­tent gegen Insekten und Pilze ist oder auch unemp­find­lich gegen Unkrautvernichtungsmittel.

Das hat zur Folge, dass zunächst weniger Pflan­zen­schutz­mittel einge­setzt werden müssen und Ernten ertrag­rei­cher ausfallen. Leider halten diese positiven Effekte nicht sehr lange an. Insekten und Pilze entwi­ckeln ebenso Resis­tenzen wie sie dies gegen synthe­ti­sche Pflan­zen­schutz­mittel tun.

Gentech­nisch verän­derte Pflanzen sind unfruchtbar. Das bedeutet, dass die Bauern keine Samen aus den Pflanzen gewinnen können, sondern jedes Jahr neues und teures Saatgut kaufen müssen. So bleibt nach der Ernte weniger Geld übrig und wetter­be­dingte Ernte­ein­bußen lassen sich kaum noch ausglei­chen. Viele Baumwoll­bauern müssen Kredite für neues Saatgut aufnehmen. Die Farmer geraten so in eine Schul­den­spi­rale.

Gentechnik ist noch immer ein unkon­trol­lierter Feldver­such, der nicht ausrei­chend erforscht und  nicht umkehrbar ist. Studien zu den Auswir­kungen von Genma­ni­pu­la­tion auf Mensch und Umwelt sind haupt­säch­lich im Auftrag von Saatgut-Konzernen beauf­tragt worden und beschei­nigen natür­lich eine Unbedenk­lich­keit. Gegen­stu­dien von Organi­sa­tionen wie Green­peace geben Anlass zur Sorge.

Der Anbau von gentech­nisch verän­derten Pflanzen lässt sich nicht auf eine bestimmte Fläche begrenzen. Gentech­nisch verän­derte Pflanzen breiten sich unkon­trol­liert aus. Wind und Insekten tragen die Pollen der manipu­lierten Pflanzen kilome­ter­weit, sodass die Pollen die verän­derten Gene auf herkömm­liche Pflanzen übertragen– auch auf ökolo­gisch bewirt­schaf­teten Feldern.

Zum einen bedeuten die GVO Pflanzen so eine Bedro­hung der gentech­nik­freie Landwirt­schaft ganz allge­mein. Zum anderen gehen im Lauf der Jahre mehr und mehr ursprüng­liche Baumwoll- und auch Insek­ten­arten verloren. Der Anteil gentech­nisch verän­derter Baumwolle am Baumwollanbau weltweit lag 2014 bei knapp 70% (www.transgen.de).  Der massivste Einsatz fand in diesem Jahr in den USA (96%), Indien (95%) und China (93%) statt.

Pesti­zide & Dünger: Gift für Boden, Wasser und Menschen

Knapp ein Viertel der weltweit ausge­brachten synthe­ti­schen Pflan­zen­schutz­mittel wird auf Baumwoll­fel­dern ausge­bracht, die nur ca. 2,5% der Agrar­flä­chen belegen. Hinzu kommen synthe­ti­sche Dünger und Unkraut­ver­nichter. Der Einsatz dieser Mittel ist im Öko-Anbau nicht erlaubt. Statt­dessen werden natür­liche Mittel wie Humus und Pflan­zen­jau­chen einge­setzt, die weder Boden noch Grund­wasser belasten, oder mecha­ni­sche Methoden, also Unkraut hacken oder das Einsam­meln von Schädlingen.

Wasser­ma­nage­ment: von rain fed zu 10.000 Liter

Konven­tio­nelle Baumwolle ist die wasser­in­ten­sivste Natur­faser. Schuld an diesem hohen Wasser­ver­brauch sind monokul­tu­reller Anbau, schlechte Stand­ort­wahl und schlechte Bewäs­se­rungs­sys­teme. Der Bio-Anbau macht es besser. In geför­derten Bio-Anbau­pro­jekten lernen Farmer, wie sie ihre Felder effizient bewäs­sern können. Durch den Einsatz von Tröpf­chen- oder Furchen­be­wäs­se­rung kann eine Wasser­er­sparnis von ungefähr 40% erreicht werden. Biolo­gisch bewirt­schaf­teter Boden speichert mehr Wasser.

Entlau­bungs­mittel

Um eine maschi­nelle Ernte der konven­tio­nellen Baumwoll­flä­chen zu ermög­li­chen, werden die Blätter der Pflanze mit hochgif­tigen Entlau­bungs­mit­teln entfernt. Bei Bio-Baumwolle ist auch dieses Entlauben nicht zugelassen. Viele der Bauern ernten per Hand. Im konven­tio­nellen Baumwollanbau werden die Felder kurz vor der Ernte mit einem Herbizid gespritzt, das die Blätter welken, und schließ­lich die Pflanze absterben lässt. Ein Grund dafür ist, dass die Ernte­ma­schinen nicht beson­ders feinfühlig vorgehen. Sie ernten Baumwoll­kap­seln und Blätter und quetschen beides zusammen. Maschi­nell vom grünen Strauch geern­tete Baumwolle wäre mit Blatt­schnip­seln durch­setzt und grün vom Blatt­farb­stoff, und Sie wissen sicher, wie schwer Grasfle­cken aus Baumwolle heraus zu bekommen sind.

Der Haupt­grund ist aber ein anderer: An einem Baumwoll­strauch werden nicht alle Frucht­kap­seln gleich­zeitig reif. Eine Maschine kann aber nicht zwischen reifen und unreifen Kapseln unter­scheiden. Um die gleich­zei­tige Reifung aller Frucht­kap­seln zu erzwingen, bedient man sich eines biolo­gi­schen Tricks:
Jede Pflanze reagiert auf eine schwere Verlet­zung mit einer sogenannten “Notreife”. Die Pflanze sichert ihren Fortbe­stand, in dem sie, bevor sie abstirbt, ihre noch unreifen Früchte in einem beschleu­nigten Prozess zumin­dest zur Keimfä­hig­keit reifen lässt. Das bringt zwar nicht die beste Qualität, für die Pflanze ist es aber besser als gar keine Nachkommen zu erzeugen.
Die “schwere Verlet­zung” sämtli­cher Pflanzen eines Feldes wird am ratio­nellsten mit einem Entlau­bungs­mittel oder Nerven­gift hervorgerufen.

Die Neben­wir­kungen:

  • Das Entlau­bungs­mittel wird kurz vor der Ernte ausge­bracht. Die Baumwoll­kap­seln, die zu diesem Zeitpunkt bereits geöffnet sind, saugen das Pflan­zen­gift Es findet sich also in hoher Konzen­tra­tion in der Rohbaum­wolle, was beson­ders für die Arbeiter der ersten Verar­bei­tungs­schritte sehr gesund­heits­schäd­lich ist.
  • Ein großer Anteil des Giftes gelangt in den Boden und somit auch ins Grund­wasser.
  • Ein Teil des Mittels verbleibt für einige Zeit in der Erde, verhin­dert die Ansie­de­lung anderer Pflanzen und der Boden ist der Erosion schutzlos ausgeliefert.
  • Auch wenn das Herbizid so weit abgebaut ist, dass neu ausgesät werden kann, sind immer noch Reste vorhanden, die die Pflanzen schwä­chen. Diese Schwäche muss durch einen verstärkten Einsatz von Pflan­zen­schutz­mit­teln und Dünger ausge­gli­chen werden.
  • Die vor der Zeit künst­lich gereiften Baumwoll­kap­seln enthalten minder­wer­tige Fasern. Diese sind mit den hochwer­tigen untrennbar vermischt. Das Material ist also insge­samt schlechter als es sein könnte.

 

Dumping­preise auf Kosten von Anderen

 Von den 27 Millionen Menschen, die weltweit im Baumwollanbau tätig sind, leben über 99% in Entwick­lungs­län­dern. Das bedeutet für die Bauern  Armut, Bildungs­mangel und Gesund­heits­ri­siken.

  • Für das teure Gentechnik-Saatgut und Chemi­ka­lien verschulden sich Bauern und ihre Familien hoch. Selten deckt die Ernte die Schulden ab und die Existenz der Bauern ist stark bedroht.
  • Oftmals werden Bauern nicht ausrei­chend darüber aufge­klärt, dass beim Umgang mit Chemi­ka­lien auf den Feldern Schutz und Vorsicht lebens­wichtig In den Medien sieht man Bilder von Famili­en­vä­tern, die in einen soeben geleerten Dünge­mittel-Kanister mit Wasser für das Kochen des Abend­essens füllen oder schwan­gere Frauen, die barfuß in Lachen von Spritz­mit­teln stehen. Schuld sind ein unzurei­chendes Problem­be­wusst­sein bei den Bauern und eine mangel­hafte Kennzeich­nung seitens der Chemi­ka­li­en­her­steller.
  • Atemschutz­masken sind unbekannt oder zu teuer. Es gibt keine zuver­läs­sigen Zahlen, wie viele Pesti­zid­ver­gif­tungen weltweit auftreten. In wissen­schaft­li­chen Berichten wird aber einstimmig von einer steigenden Zahl an Vergif­tungen und tödli­chen Vorfällen in den letzten Jahren gespro­chen. Ging man in den 1970er Jahren noch von 500.000 Vergif­tungen und 5.000 Toten aus, so schätzt man die Zahl in den letzten zehn Jahren auf bis zu 5 Millionen Vergif­tungen und 200.000 Tote4 – und dies ist eine Dunkelziffer.

Beim Bio-Anbau sind diese Aspekte natür­lich weniger gravie­rend.  Auch wenn derzeit viele größere Handels­ketten verstärkt Bio-Baumwolle für ihre Produkte einsetzen, liegt der Anteil von zerti­fi­zierter (also kontrol­lierter) Bio-Faser am Baumwoll­markt noch immer unter 2%.

Es geht auch fair


Über den Bio-Anbau hinaus gibt es noch einen weiteren Schutz für die Bauern, den Fairen Handel, das bei uns bekannte FairTrade Siegel zum Beispiel. Es schreibt zwar nicht den ökolo­gi­schen Anbau von Baumwolle vor, stellt aber sicher, dass die Menschen auf den Feldern genügend Einnahmen haben, um ihre Familien zu ernähren und ihre Kinder in die Schule schicken zu können. Abnah­me­ga­ran­tien, langfris­tige Verträge mit stabilen Preisen und ein Bonus für fair angebaute Baumwolle verhin­dern, dass die Bauern hungern müssen.

Dennoch ist es mit dem Bio-Anbau von Baumwolle und dem Zahlen fairer Löhne an die Bauern nicht getan, wenn man ein Kleidungs­stück herstellen möchte, das die Umwelt nicht belastet, Menschen nicht ausbeutet und bei Verbrau­chern keine Aller­gien auslöst.

Denn die Produk­ti­ons­kette eines Kleidungs­stü­ckes ist lang: Geern­tete Baumwolle muss gerei­nigt und entkörnt werden, sie muss versponnen und gestrickt oder verwoben werden. Dann wird aus dem Stoff ein Kleidungs­stück genäht – mit Zutaten wie beispiels­weise Reißver­schlüssen, Nähgarnen, Schul­ter­pols­tern, Knöpfen. Dies ist der Arbeits­schritt, der in Sachen Menschen­rechte und Arbeits­si­cher­heit beson­ders problem­be­lastet ist, denn er geschieht zum großen Teil in Billig­lohn­län­dern. Menschen – auch Kinder –, die 15 Stunden am Tag in engen, dunklen, schlecht belüf­teten Räumen ohne Pause unsere Kleider nähen, sind dort eher die Regel als die Ausnahme.

Sie tun dies für einen Hunger­lohn ohne Schutz­maß­nahmen, wie Atemmasken, Handschuhe, von Filter­an­lagen oder Flucht­wegen ganz zu schweigen. Auch hier gibt es Programme, die sich dieser Probleme annehmen. Die Fair-Wear-Organi­sa­tion ist eines der anspruchs­vollsten Programme, wenn es um Arbeits­be­ding­ungen und die Bezah­lung in den Konfek­ti­ons­be­trieben weltweit geht, aber auch der Global Organic Textile Standard GOTS und NATUR­TEXTIL BEST bewerten die Entloh­nung und Arbeits­be­ding­ungen von Nähern und Näherinnen.

 

Pressemitteilung

Internationaler Verband der
Naturtextilwirtschaft e.V.

 

 

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