„Die Krise ist hart, bringt aber auch beeindruckende Innovationsfreude der Branche hervor“
Die Geschäftsstelle des Internationalen Verbands der Naturtextilwirtschaft (IVN) im Gespräch mit der Geschäftsführerin des Kinderschuh-Herstellers POLOLO, die ehrenamtlich als Vorsitzende den Vorstand des Berufsverbands leitet. Sie sieht neben der Bedrohung auch einige positive Aspekte in der Corona-Krise.
IVN Geschäftsstelle: Frau Kuntze, was ist Ihrer Meinung nach jetzt das Wichtigste, damit alle gut durch die Krise kommen?
Franziska Kuntze: Das Wichtigste und natürlich am Anfang auch das Schwierigste ist es, Ruhe zu bewahren. Ich selbst bin Geschäftsführerin eines Mittelstands-Unternehmens. Wir produzieren und vertreiben Kinderschuhe. Wir haben 20 Mitarbeiter und zunächst fürchtet man das Schlimmste. Man kann erstmal kaum schlafen und ist ständig online um Risiken und Möglichkeiten abzuwägen. Denn ja, es gibt Möglichkeiten. Die Bundesregierung und diverse Bundesländer haben einige erste schnelle und gute Maßnahmenpakete aufgesetzt. Persönlich halte ich nicht so viel davon, dem Mittelstand nun Kredite anzubieten, die ohnehin nicht auf die Schnelle gewährt werden können. Aber die Soforthilfen sollte man unbedingt beantragen, wenn man die Voraussetzungen erfüllt. Man sollte mit Kollegen sprechen, sich austauschen, sein Team einbeziehen, Ideen entwerfen. Unternehmer sind nicht für den Stillstand gemacht, sie wollen unternehmen. Und wenn ich mir ansehe, was im Moment so passiert – gerade bei den kleineren Unternehmen ist beeindruckende Innovationsfreude zu spüren ‑dann ist das schon sehr spannend. Die großen Dampfer des Mode-Geschäfts werden hier vielleicht nicht ganz so schnell umdenken und umlenken können.
IVN Geschäftsstelle: Sehen Sie Unterschiede, wie die nachhaltige Modebranche mit der Krise umgeht im Vergleich zur Fast-Fashion Industrie?
Franziska Kuntze: Ich meine schon, dass es hier Unterschiede gibt. Ich denke auch: Die gibt es sowieso – auch ohne die Krise. Aber hier und jetzt zeigen viele Menschen und auch Unternehmen ihr wahres Gesicht. Die nachhaltige Modebranche ist solidarisch untereinander. Man versucht sich zu helfen, zu reden, sich zu unterstützen und sich auszutauschen. Wir sind nicht alleine. Und wir sind flexibler! Der Aufbau von nachhaltigen Lieferketten und die Beschaffung von Biobaumwolle, Ökoleder, Biowolle und Co. war noch nie einfach. Wir sind es also gewohnt, quer zu denken. Und: Die Produktionen sind oft auch noch heimisch, regional in Deutschland über Familien und Generationen verwurzelt. Da ist Wissen vorhanden, ein Know-How, das viele andere Textil-Unternehmen gar nicht mehr haben – was uns heute sehr helfen kann beim Überleben. Ich habe das Gefühl, dass gerade unsere Branche innerhalb der Textil- und Lederwirtschaft über sich hinaus wächst.
IVN Geschäftsstelle: Sehen Sie den IVN als Verband gefährdet?
Franziska Kuntze: Wir hatten letztes Jahr unser 20-jähriges Jubiläum. Im Verband sitzen wirklich Know-how und Erfahrung. Daher nein, ich denke und hoffe natürlich nicht, denn auch der IVN als Verband ist sehr flexibel aufgestellt und sehr eng mit seinen Mitgliedern verbunden. In unserer Branche fühlen wir uns eher als eine Familie. Und eine Familie braucht man nun mal noch mehr, in solchen Zeiten.
IVN Geschäftsstelle: Welche Dienstleistungen können IVN Mitlieder jetzt besonders in Anspruch nehmen?
Franziska Kuntze: Das IVN Office ist wie immer 100 % für die Mitglieder da, steht im Austausch mit Politik und Medien und der Vorstand unterstütz die Mitarbeiter dabei. Der Verband engagiert sich also für die Belange der Mitglieder und der Branche. Die Mitglieder können unseren Presseverteiler nutzen, wir stehen für Fragen und Austausch zur Verfügung, wir prüfen Lieferketten und wir haben eine neue, interne, digitale Plattform eingerichtet, in der sich auch die Mitglieder untereinander gut austauschen können. Jeden Tag kommt Neues dazu. ABER wir sind natürlich auch weiterhin mit unserem Tagesgeschäft engagiert. Zum Beispiel ist der neue GOTS 6.0 gerade verabschiedet worden, wir übersetzen diesen zur Zeit ins Deutsche, stellen für die Mitglieder zusammen, was sich verändert hat, wir beraten und wir informieren.
IVN Geschäftsstelle: Wie unterstützen sich die Mitglieder gegenseitig?
Franziska Kuntze: Der IVN ist ja in der Struktur heterogen aufgestellt. Das heißt innerhalb der Wertschöpfungskette sind wir nicht nur vertikal sondern auch horizontal verflochten. Das was uns verbindet, ist die Naturtextil- und Naturlederbranche. Da gibt es Händler, Versender, Hersteller, Vorstufenbetriebe in unserem Verband. Und klar genau dieser Austausch innerhalb der Kette ist zur Zeit ein mega Vorteil! Da geht es vor allem um Austausch zu Fachwissen, Krisenbewältigung, da geht es um Richtlinien, Fasern, Lieferfähigkeiten. Und immer wieder natürlich das gemeinsame „miteinander überleben“ und zwar viel mehr, wenn man innerhalb der ganzen Branchen verbunden ist. Der Lieferant ist für den Händler somit nicht nur die Vorstufe in der Lieferkette sondern auch der Kollege, die Verbandskollegin.
IVN Geschäftsstelle: Kann der Verband Unterstützung seitens der Regierung erwarten – für sich selbst und für die Mitgliedsunternehmen?
Franziska Kuntze: Das prüfen wir gerade.
Die Geschäftsstelle des Internationalen Verbands der Naturtextilwirtschaft (IVN) im Gespräch mit der Geschäftsführerin des Kinderschuh-Herstellers POLOLO, die ehrenamtlich als Vorsitzende den Vorstand des Berufsverbands leitet. Sie sieht neben der Bedrohung auch einige positive Aspekte in der Corona-Krise.
IVN Geschäftsstelle: Frau Kuntze, was ist Ihrer Meinung nach jetzt das Wichtigste, damit alle gut durch die Krise kommen?
Franziska Kuntze: Das Wichtigste und natürlich am Anfang auch das Schwierigste ist es, Ruhe zu bewahren. Ich selbst bin Geschäftsführerin eines Mittelstands-Unternehmens. Wir produzieren und vertreiben Kinderschuhe. Wir haben 20 Mitarbeiter und zunächst fürchtet man das Schlimmste. Man kann erstmal kaum schlafen und ist ständig online um Risiken und Möglichkeiten abzuwägen. Denn ja, es gibt Möglichkeiten. Die Bundesregierung und diverse Bundesländer haben einige erste schnelle und gute Maßnahmenpakete aufgesetzt. Persönlich halte ich nicht so viel davon, dem Mittelstand nun Kredite anzubieten, die ohnehin nicht auf die Schnelle gewährt werden können. Aber die Soforthilfen sollte man unbedingt beantragen, wenn man die Voraussetzungen erfüllt. Man sollte mit Kollegen sprechen, sich austauschen, sein Team einbeziehen, Ideen entwerfen. Unternehmer sind nicht für den Stillstand gemacht, sie wollen unternehmen. Und wenn ich mir ansehe, was im Moment so passiert – gerade bei den kleineren Unternehmen ist beeindruckende Innovationsfreude zu spüren ‑dann ist das schon sehr spannend. Die großen Dampfer des Mode-Geschäfts werden hier vielleicht nicht ganz so schnell umdenken und umlenken können.
IVN Geschäftsstelle: Sehen Sie Unterschiede, wie die nachhaltige Modebranche mit der Krise umgeht im Vergleich zur Fast-Fashion Industrie?
Franziska Kuntze: Ich meine schon, dass es hier Unterschiede gibt. Ich denke auch: Die gibt es sowieso – auch ohne die Krise. Aber hier und jetzt zeigen viele Menschen und auch Unternehmen ihr wahres Gesicht. Die nachhaltige Modebranche ist solidarisch untereinander. Man versucht sich zu helfen, zu reden, sich zu unterstützen und sich auszutauschen. Wir sind nicht alleine. Und wir sind flexibler! Der Aufbau von nachhaltigen Lieferketten und die Beschaffung von Biobaumwolle, Ökoleder, Biowolle und Co. war noch nie einfach. Wir sind es also gewohnt, quer zu denken. Und: Die Produktionen sind oft auch noch heimisch, regional in Deutschland über Familien und Generationen verwurzelt. Da ist Wissen vorhanden, ein Know-How, das viele andere Textil-Unternehmen gar nicht mehr haben – was uns heute sehr helfen kann beim Überleben. Ich habe das Gefühl, dass gerade unsere Branche innerhalb der Textil- und Lederwirtschaft über sich hinaus wächst.
IVN Geschäftsstelle: Sehen Sie den IVN als Verband gefährdet?
Franziska Kuntze: Wir hatten letztes Jahr unser 20-jähriges Jubiläum. Im Verband sitzen wirklich Know-how und Erfahrung. Daher nein, ich denke und hoffe natürlich nicht, denn auch der IVN als Verband ist sehr flexibel aufgestellt und sehr eng mit seinen Mitgliedern verbunden. In unserer Branche fühlen wir uns eher als eine Familie. Und eine Familie braucht man nun mal noch mehr, in solchen Zeiten.
IVN Geschäftsstelle: Welche Dienstleistungen können IVN Mitlieder jetzt besonders in Anspruch nehmen?
Franziska Kuntze: Das IVN Office ist wie immer 100 % für die Mitglieder da, steht im Austausch mit Politik und Medien und der Vorstand unterstütz die Mitarbeiter dabei. Der Verband engagiert sich also für die Belange der Mitglieder und der Branche. Die Mitglieder können unseren Presseverteiler nutzen, wir stehen für Fragen und Austausch zur Verfügung, wir prüfen Lieferketten und wir haben eine neue, interne, digitale Plattform eingerichtet, in der sich auch die Mitglieder untereinander gut austauschen können. Jeden Tag kommt Neues dazu. ABER wir sind natürlich auch weiterhin mit unserem Tagesgeschäft engagiert. Zum Beispiel ist der neue GOTS 6.0 gerade verabschiedet worden, wir übersetzen diesen zur Zeit ins Deutsche, stellen für die Mitglieder zusammen, was sich verändert hat, wir beraten und wir informieren.
IVN Geschäftsstelle: Wie unterstützen sich die Mitglieder gegenseitig?
Franziska Kuntze: Der IVN ist ja in der Struktur heterogen aufgestellt. Das heißt innerhalb der Wertschöpfungskette sind wir nicht nur vertikal sondern auch horizontal verflochten. Das was uns verbindet, ist die Naturtextil- und Naturlederbranche. Da gibt es Händler, Versender, Hersteller, Vorstufenbetriebe in unserem Verband. Und klar genau dieser Austausch innerhalb der Kette ist zur Zeit ein mega Vorteil! Da geht es vor allem um Austausch zu Fachwissen, Krisenbewältigung, da geht es um Richtlinien, Fasern, Lieferfähigkeiten. Und immer wieder natürlich das gemeinsame „miteinander überleben“ und zwar viel mehr, wenn man innerhalb der ganzen Branchen verbunden ist. Der Lieferant ist für den Händler somit nicht nur die Vorstufe in der Lieferkette sondern auch der Kollege, die Verbandskollegin.
IVN Geschäftsstelle: Kann der Verband Unterstützung seitens der Regierung erwarten – für sich selbst und für die Mitgliedsunternehmen?
Franziska Kuntze: Das prüfen wir gerade.