Die Situation
In den letzten Jahren ist die Menge an Verpackungsabfällen, besonders die der Einmal verpackungen aus Plastik deutlich angestiegen. Experten gehen davon aus, dass aktuell 10 – 12 Millionen Tonnen davon die Weltmeere verschmutzen. Die Textil- und Beklei dungsbranche ist deutschlandweit jährlich für rund 2 Millionen Tonnen Verpackungsmüll verantwortlich. Zahlreiche Initiativen auf politischer und zivilgesellschaftlicher Ebene zur Eindämmung des „Müll-Aufkommens“ sollen Industrie, Handel und Verbraucher zum Umdenken motivieren. Vor allem die Naturtextil- und Lederbranche hat ein großes In teresse daran, nur nachhaltige Kunststoffverpackungen zu verwenden und sie stark zu reduzieren.
Auf dem Weg zur „sauberen“ Verpackung finden sich allerdings einige Hürden. Es fehlen klare Empfehlungen für und unabhängige Bewertungen zu den unterschiedlichen Materi alien. Die Anforderungen der Branche an Verpackungen sind hoch und komplex – neben Nachhaltigkeitsparametern (z.B. Abbaubarkeit, Recyglingfähigkeit, Schadstofffreiheit) sind auch qualitative Anforderungen zu erfüllen (z.B. Lichtechtheit, Haptik, Skalierbar keit). Hinzu kommen gesetzliche Vorgaben und logistische Anforderungen wie das Duale System. Für Kunststoffverpackungen, die teilweise zum Schutz der Produkte unverzicht bar sind, ist die nachhaltigste Lösung derzeit Recyicling-Polybeutel einzusetzen – eine für Naturprodukte eher temporär akzeptable Lösung.
Wissen als erster Schritt
Um richtige Entscheidungen für oder gegen bestimmte Verpackungen treffen zu können, benötigen nachhaltige Marken und Handel zuverlässige und gebündelte Informationen. Ein Verzeichnis von Lieferanten nachhaltiger Verpackungen speziell für Einkäufer aus der Textil- und Lederwirtschaft könnte aufzeigen, welche Lösungen bereits angeboten werden und welchen Parametern sie genügen. Eine „Digital-Plattform für Nachhaltige Textilver packungen“ soll zukünftig eine doppelte Lösung bieten: als Informationsplattform und Orderportal.
Das Projekt
Das IVN Projekt „Nachhaltige Verpackung“ hat sich zum Ziel gesetzt, eine Branchenlösung für die Herausforderungen in Zusammenhang mit Produktverpackungen zu finden, die den hohen Nachhaltigkeitsanforderungen der IVN Mitglieder genügt. Langfristig geht es dabei um mehr, als den Einsatz von Polybags zu reduzieren. Der Strategie REduce – REuse – REcycle – REplace – REcirculate folgend, soll ein Maßnahmenprogramm für Handel und Industrie erstellt werden, das fundierte und langfristige positive Veränderungen bringt. Als erster Schritt wurde gemeinsam mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenar beit (GIZ) und finanziert durch das Bundesministerium für Entwicklungszusammenarbeit (BMZ) eine Machbarkeits-Studie in Auftrag gegeben. Sie sollte prüfen, ob die Installation einer digitalen Informationsplattform für nachhaltige, umwelt-freundliche und recycling fähige Verpackungslösungen für die Textil- und Bekleidungsbranche sinnvoll ist und mit welchen Kosten bzw. welchem Aufwand sie verbunden ist. Da die Studie sich klar für eine solche Plattform ausspricht, läuft derzeit die Beantragung von Fördergeldern für die Um setzung beim BMZ.
Nach der Bewilligung sollen dann zeitnah Ausschreibungen für die Projektumsetzung und die technische Realisierung veröffentlicht werden. Der IVN wird als einer der Koopera tionspartner die Erstellung fachlich begleiten. Geplante Inhalte sind u.a. ein Leitfaden für nachhaltige Verpackungslösungen, eine Checkliste für Produktanforderungen, ein Liefe rantenverzeichnis sowie Guidelines speziell für PE basierte Kunststoffverpackungen.
Nutzen für Marken und Handel
Die Plattform bietet einheitliche, umfassende und wissenschaftlich fundierte Informatio nen als Entscheidungsgrundlage für den Einkauf von Verpackungen. Sie gibt einen Über blick über die Gesetzeslage, Materialbewertungen , das Nachhaltigkeitsniveau von Ver packungsprodukten, Lieferanten und aktuellen Produkt-Entwicklungen. Werkzeuge wie Checklisten, Leitfäden und Richtlinien werden zur Verfügung gestellt. Das Portal verknüpft den Bedarf hier im Käufermarkt mit Angeboten aus den Lieferländern.
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